Mittwoch, 29. Oktober 2014

30. Die Sackgasse der menschlichen Evolution

30.   Die Sackgasse der menschlichen Evolution

1.  Grundsätzlich gilt für viele Säugetiere:

1.1.  Diejenigen, deren genetisch vorbestimmtes Verhalten sie am erfolgreichsten zur Fortpflanzung treibt, haben die meisten Nachkommen, diese genetische Disposition und dieses Verhalten werden dadurch immer häufiger.

1.2.  Bei den Säugetieren werden durch die Fortpflanzung asymmetrisch die weiblichen Tiere belastet, also durch Schmerzen, Gesundheitsrisiken und Vulnerabilität durch Umwelteinflüsse oder Freßfeinde.

1.3.  Weibliche Säugetiere unterwerfen sich dieser Belastung uneingeschränkt, weil Gedächtnis und Verstand nicht dafür ausreichen, um den kausalen Zusammenhang zwischen instinktausgelöster Kopulation* und der nachfolgenden Trächtigkeit zu erkennen.       
Deshalb wird der Erfolg der Evolution als selektive Optimierung der Arterhaltung bei Tieren nicht vom dadurch verursachten Leiden beeinflußt.   Tiere leiden, aber sie haben kein Bewußtsein dafür, daß es Verhaltensalternativen geben kann, mit denen sich Leiden vermeiden läßt.   Sie haben keine kognitiven Fähigkeiten, um einen Zusammenhang zwischen ihrem automatischen, instinktiven Verhalten und zukünftigem Leiden bei sich oder bei anderen erkennen zu können.  
Deshalb ist bei den Säugetieren häufig eine simple Fortpflanzungsbereitschaft im Abstand von Monaten oder sogar Jahren ausreichend für die Arterhaltung.   Der instinktive Drang beider Geschlechter führt zur Kopulation zum Zeitpunkt der weiblichen Fruchtbarkeit, dem Östrus.

1.4.  Arterhaltung ist die Balance zwischen der Anzahl von Nachkommen, die ausreichen, um Verluste auszugleichen, ohne daß die Ressourcen erschöpft werden.    


2.   Der Sonderweg der menschlichen Evolution

Die Evolution des instinktiven menschlichen Fortpflanzungsverhaltens hat zu einer Zeit stattgefunden, in der das Überleben der Menschen von sehr vielen Gefahren bedroht war.  Das Verhalten ist immer noch für die damaligen Lebensbedingunen optimiert.  Heute sind aber diese Lebensbedingungen derart radikal anders, daß dieses selbe Verhalten heute obsolet und destruktiv ist.   Die Evolution ist leider wesentlich langsamer als der radikale technische und wissenschaftliche Fortschritt, der innerhalb von wenigen Jahrhunderten stattgefunden hat.

Vor ca. 6 Millionen Jahren hatten Menschen und Schimpansen gemeinsame Vorfahren, vor etwas weniger als 2 Millionen Jahren fing Homo Erectus an, das Feuer zu nutzen und einfache Werkzeuge herzustellen.  
Parallel zu der körperlichen Evolution hin zum aufrechten Gang hat auch eine Evolution der kognitiven Fähigkeiten stattgefunden.  Dazu gehört auch die allmählich immer klarer werdende Erkenntnis langfristiger Kausalitäten.  Irgendwann waren die Frauen fähig zu begreifen, daß sie für die Kopulation mit Schwangerschaft und Geburt bestraft wurden.   Die Alternative, das zu vermeiden, war denkbar geworden.   

Zu dem Zeitpunkt, als es jemandem möglich war, sich bewußt gegen die tierischen Instinkte und für das kognitiv erkannte individuelle Wohlergehen zu entscheiden, hat meiner Ansicht nach der evolutionäre Sonderweg der Menschen begonnen. 

Vor allem für die Jäger und Sammler zu den Zeiten vor dem Beginn des Ackerbaus vor ca 10.000 Jahren war das Überleben extrem hart.   Krankheiten, Unfälle, Hunger und giftige oder schädliche Nahrungsmittel, Naturkatastrophen, ein unwirtliches Klima, wilde Tiere, gelegentlich Gewalt und Kriege hatten zur Folge, daß Schätzungen zufolge bis zur Hälfte aller Nachkommen nicht bis zur Pubertät überlebten und daß die Lebenserwartung bei 30 oder sogar bei nur 25 Jahren lag.   Deshalb war die Arterhaltung nur dadurch möglich, daß eine Frau zwischen Pubertät und frühem Tod pausenlos entweder schwanger und/oder mit einem bzw. mehreren Kleinkindern belastet war.    

Hätten damals die Menschen noch genau wie viele Säugetiere nur in längeren Abständen die synchrone Fortpflanzungsbereitschaft deutlich gespürt und gleichzeitig schon gewußt, daß Kopulation mit Schwangerschaft bestraft wird, dann hätte sich die Fortpflanzung sehr einfach situationsbedingt drastisch reduzieren oder sogar vermeiden lassen.    
Mit dieser Option wäre die menschliche Spezies längst ausgestorben.  
Auch die Frauen, die sich per Instinkt trotz Belastung und Schmerzen prinzipiell fortpflanzen wollen, wären freiwillig sicherlich nicht bereit, das pausenlos, ohne Unterbrechung und ohne Erholung und auch in Zeiten von Nahrungsmangel und/oder besonders ungünstigem Klima auf sich zu nehmen.   Auch die leidvolle Erfahrung zu früh gestorbener Kinder kann zu dem Wunsch führen, besser keine weiteren Kinder mehr zu bekommen als noch weitere zu verlieren.   

Also hat sich die menschliche Fortpflanzungsbiologie diesen Gegebenheiten durch die entsprechende Selektion angepaßt:  

Frauen:
Je weniger deutlich der Östrus zu einem klar begrenzten Zeitpunkt bemerkbar war, desto weniger konnten Frauen eine Verweigerung auf diesen Zeitpunkt beschränken und desto häufiger wurden sie unbeabsichtigt schwanger.  Das erhöhte die Zahl der Nachkommen bei den Frauen mit dem undeutlichsten Östrus.  Heute können Frauen überhaupt nicht mehr an direkten Indikatoren ihres Körpers erkennen, wann die gefährliche fruchtbare Zeit ist.   

Männer: 
Ein undeutlicher Östrus verringert die Wahrscheinlichkeit, daß Nachkommen entstehen, wenn die männliche Kopulationsbereitschaft wie bei den Säugetieren nur in der Wechselwirkung mit dem erkennbaren weiblichen Östrus ausgelöst wird und das im Abstand von Monaten oder Jahren.   Unter diesen Voraussetzungen hatten diejenigen Männer die meisten Nachkommen, die am häufigsten und ohne Östrus als Auslöser kopulierten.  
Das evolutionäre Ergebnis davon ist bei den heutigen Männern der Kopulationsdrang im Abstand von Stunden oder Tagen.  Dieser Drang wird auch nicht mehr nur durch den erkennbaren Östrus, sondern bereits durch vielfältige Signale eines weiblichen Körpers ausgelöst, sogar dann, wenn dieser Körper nicht präsent, sondern nur als Abbildung vorhanden ist.   Die gezielte seltene Kopulation der Säugetiere zum richtigen Zeitpunkt wurde durch eine häufige Kopulation ersetzt.   Je stärker der Sexualtrieb eines Mannes, je unwohler er sich fühlt, wenn er die Abfallprodukte nicht regelmäßig aus seinem Körper entfernt, desto häufiger bemüht er sich aktiv um die Möglichkeit zur Kopulation und desto wahrscheinlicher wird dadurch eine Frau geschwängert.
Zusätzlich hat die kognitive Befähigung der Frauen, sich dem Risiko der Schwangerschaft durch Verweigerung der Kopulation zu entziehen, dazu geführt, daß diejenigen der Männer, die Frauen auch gegen deren Willen schwängerten, mehr Nachkommen hatten.   Dabei wurden die Verhaltenstendenzen von Grausamkeit und Rücksichtslosigkeit und die körperliche Stärke weitergegeben.  Deshalb sind heute die Männer im Durchschnitt so viel stärker als Frauen, daß Frauen Vergewaltigungen fast immer ohne Waffe hilflos ausgeliefert sind.


Zu früheren Zeiten hat diese Entwicklung zu Lasten der Frauen die Arterhaltung ermöglicht.   Dafür, daß es uns heute gibt, haben in der Vergangenheit zahllose Frauen gelitten, ohne jeglichen Einfluß darauf, ohne Wahlmöglichkeit.   Heute ist der grotesk überdimensionierte Sexualtrieb der Männer eines der größten Probleme der Menschheit.  
 
Dieser obsolete tierische Drang vieler Männer richtet heute großen Schaden an.   Die Erde ist schon bis zu den Grenzen der Ressourcen überbevölkert.  Die Gegebenheiten der modernen, von Wissenschaft und Technik geprägten Lebensumstände würden ein friedliches Überleben für die gesamte Erdbevölkerung ermöglichen.    Der menschliche Verstand, der Menschen auf den Mond befördern kann, würde ohne Störfaktoren dafür ausreichen.  
Dazu aber müßten alle Menschen in unbeeinträchtigter Weise ihren Verstand einsetzen und benutzen.   Das wird leider durch die tierischen Triebe vieler Männer verhindert.    In der Nähe von weiblichen Körpern werden diese Männer zu hirnlosen Tieren.   Entweder wird der Verstand vorübergehend außer Betrieb gesetzt, oder sogar zum Instrument umfunktioniert, das die Triebe bei dem Ziel unterstützt, sich Zugang zu einem weiblichen Körper zu verschaffen.   
Dadurch sind die Männer verhindert, ihren Verstand für die Schaffung einer friedlichen und lebenswerten Welt einzusetzen, und die Frauen werden von den Männern daran gehindert.   

Für eine an die wissenschaftlichen und technischen zukünftigen Möglichkeiten angepaßte Arterhaltung ist eine neue, völlig andere Richtung der Evoluton erforderlich.  Dabei muß endlich das Wohlergehen der einzelnen Individuen berücksichtigt werden.  Nur dann kann es bei der Arterhaltung um Qualität statt Quantität gehen.   Dazu werden völlig andere Männern mit einem auf einen Bruchteil des heutigen Ausmaßes reduzierten Sexualtrieb benötigt.   Solche Männer wären dann eher fähig, die kognitiven Qualitäten von Frauen wahrzunehmen und Beziehungen wohlüberlegt einzugehen.   Bei geringerem Kopulationsdrang gäbe es dann auch weniger ungeplante und ungewollte Schwangerschaften mit all den ungünstigen gesamtgesellschaftlichen Folgen.
            
Evolution ist ein langwieriger Prozeß, aber es wäre schon viel gewonnen, wenn Männer ihren übertriebenen Sexualtrieb wenigstens selbst endlich als eine Behinderung und eine Fehlentwicklung anerkennen und der Selbstkontrolle unterwerfen anstatt ihn rücksichtslos ausleben würden.   Der erste Schritt in diese Richtung wäre eine Umkehr der sozialen und kulturellen Entwicklung, die augenblicklich den enthemmten und ausgelebten Sexualtrieb der Männer immer mehr zu einem erstrebenswerten Lebensziel macht.   Stattdessen sollte endlich anerkannt werden, daß ausgelebte tierische Instinkte der größte Feind der Menschheit ist, vor allem der Frauen, die aufgrund der körperlichen Überlegenheit der Triebhaftigkeit der Männer in vielfältiger Weise ausgeliefert sind. 

____
*  Kopulation bezeichnet das tierische Fortpflanzungsverhalten, das ohne kognitiv-emotionale Bindungen stattfindet.   Wenn zwei Menschen sapiophile, kopfgesteuerte, langfristige Bindungen eingehen, und ihre Nähe auch körperlich ausdrücken, dann ist das selbstverständlich etwas qualitativ anderes.