Freitag, 30. Januar 2015

57. Männliche Denkfehler: Ein Beispiel

57.  Männliche Denkfehler: Ein Beispiel
 
Ich wurde kürzlich auf einem Partnersuchportal von einem Mann kontaktiert.  Fast alles hätte gepaßt, hätte er nicht in seinem Profil geschrieben, daß sein Ideal eine Frau in Stöckelschuhen und Strümpfen mit Strapsen ist.  
Darauf habe ich geantwortet, daß mir jegliche äußerliche Eitelkeit so wesensfremd ist, daß ich dafür keine Opfer bringe.  Meine Aufmachung ist immer bequem und so, daß fremde Männer bei klarem Verstand sofort erkennen können, daß ich mich nicht zum Freiwild eigne.  
Deshalb trage ich nur flache Schuhe, Hosen oder Hosenröcke, luftig große Oberteile, und auf Schmiere im Gesicht und Schmuck kann ich auch verzichten.  Ein gutes Buch ist weit interessanter als der Blick in einen Spiegel.
 
In seiner Antwort unterstellte dieser Mann mir die angebliche Eitelkeit, daß ich mir selbst gefallen wolle statt ihm.  

Die Wünsche und die Reaktion dieses Mannes lassen drei Denkfehler erkennen, die bei Männern aber weit verbreitet sind.

1.  Da mein Äußeres für meine Identität unwichtig ist, habe ich keinen Grund, mir selbst gefallen zu wollen.       
Ich identifiziere mich nicht mit meinem Körper.   Meine Identität ist das, was sich in meinem Gehirn ereignet.  Mein Körper ist nur insoweit wichtig, wie er das Funktionieren und den Transport meines Gehirns ermöglicht.   Dafür ist zwar ein gesunder Lebensstil wichtig, aber nicht die Gestaltung des Aussehens.   Gesunde Füße und bequeme Kleidung verhindern Beeinträchtigungen beim Fokus auf kognitive und intellektuelle Aktivitäten.  
Außerdem weigere ich mich auch nicht, den Geschmack des Partners bei der Wahl meiner Kleidung zu berücksichtigen, so weit das im vernünftigen Rahmen und ohne Opfer möglich ist, also solange Bequemlichkeit und ausreichende Bedeckung in der Öffentlichkeit gegeben sind.  Aber mit Stöckelschuhen stürzen und mir die Knochen brechen, das Opfer bringe ich für keinen Mann.  

2. Jemandem gefallen zu wollen ist nicht automatisch das selbe wie mit Auslösereizen seine tierischen Triebe anzusprechen.  Aufgrund physiologischer Gegebenheiten des männlichen Körpers ist es völlig überflüssig, die unvermeidbaren instinktiven Reaktionen auf weibliche Körper noch durch Opfer bei der äußeren Gestaltung zusätzlich zu verstärken.   
Im männlichen Körper entstehen regelmäßig Abfallstoffe, die zu einem mehr oder minder starken Gefühl des Unwohlseins fühlen, wenn sie nicht entfernt werden.  Der Drang, diese Stoffe vorzugsweise in einem weiblichen Körper zu entsorgen, entsteht von selbst, auch ohne jegliches Zutun von Frauen.  Die gezielte Gestaltung weiblicher Körper kann das Entstehen des Drangs allerdings zusätzlich beschleunigen und verstärken.   Durch den Verzicht auf diese Gestaltung wird der physiologisch erzeugte Drang aber nicht verhindert oder gemindert.  

3.  Wenn ein gutwilliger und rücksichtsvoller Mann von einer Frau erwartet, daß sie sogar Opfer für die Entstehung und Verstärkung seines Dranges nach Triebbefriedigung bringt, dann geht er davon aus, daß sich dieses Opfer auch für die Frau selbst lohnt.  
Er geht von der Annahme aus, daß die Frau den selben Drang nach Triebreduktion hat wie er selbst und daß es deshalb auch für sie selbst erstrebenswert ist, seinen Drang zu verstärken. 
Dieser Mann betrachtet etwas als selbstverständlich, obwohl es Alternativerklärungen gibt.  

Wenn ein Mann innerhalb einer monogamen Dauerbeziehung oberflächlich erlebt, daß die Partnerin willig, rückhaltlos und ohne jegliche Anzeichen von Widerwillen sich aktiv an der von ihm benötigten Triebreduktion beteiligt, kann er trotzdem nicht wissen, warum sie das tut und welchen persönlichen Gewinn sie davon hat.
Für eine Frau kann das Ziel und der Zweck dieses Verhaltens nämlich etwas ganz anderes sein anstelle der Befriedigung von bei ihr selbst weniger vorhandenen starken Trieben.  Stattdessen ist es ihr Ziel, den Partner in den vorübergehenden Zustand der Triebpause zu versetzen.   
In diesem Zustand sind Männer am angenehmsten und am ehesten als ernsthafte, nicht abgelenkte Gesprächspartner für kulturelle und intellektuelle Aktivitäten geeignet.  Mit einem Mann, der unter akutem Triebstau leidet und der nur noch darüber nachdenkt, wie er es am leichtesten durchhält bis zur nächsten Bettsession, mit dem ist kaum ein vernünftiges Gespräch zu führen. 
Wenn eine Frau das Ziel und den Wunsch hat, daß ihr Partner in kognitiv voll fähigem Zustand zum Gelingen eines intellektuell beglückenden Erlebnisses beitragen kann, dann gehört für sie seine Triebbefriedigung zur Vorbereitung auf gemeinsame kulturelle Aktivitäten.  Diese Frau hat logischerweise kein Interesse daran, durch ihr Äußeres seinen (zumindestens vorübergehend) nicht erwünschten Drang nach ihrem Körper noch zu verstärken.  

Ihr Wunsch, mit einem Partner in optimalem Zustand beispielsweise einen Museumsbesuch genießen zu wollen, ist für sie genau so legitim, wichtig und gerechtfertigt wie sein Genuß der Triebbefriedigung selbst.  Der Wunsch nach den nichtkörperlichen, kognitiven und emotionalen Aspekten einer Paarbeziehung ist genau so berechtigt wie der nach Triebbefriedigung.   Es gibt keinerlei logischen Grund, den Genuß der Triebbefriedigung einseitig aufzuwerten, statt anzuerkennen, daß hier ein fairer Austausch stattfindet. 



Echte faire Gleichberechtigung bedeutet deshalb einerseits, daß die Partnerin es als ihre Aufgabe ansieht, einen treuen Partner dabei zu unterstützen, daß er nie unter unbefriedigten Trieben leiden muß.   
Andererseits ist es die Aufgabe des Partners, bewußt die unvermeidliche Befriedigung seiner Triebe als einseitiges Geschenk und Liebeszeichen von Seiten der Partnerin anzunehmen, und ihr im Gegenzug das zu geben, was ihren Bedürfnissen entspricht. 
Das beinhaltet, daß er die Einschätzung völlig ihr überläßt, warum und für welchen Zweck sie seine Triebe befriedigt und welchen persönlichen Vorteil sie davon hat.  Wichtig für ihn ist nur, daß sie es freiwillig und als Teil eines von ihr als fair erlebten Austausches tut.   Selbst wenn es für ihn nicht nachvollziehbar ist, daß der entspannte gemeinsame Museumsbesuch für sie beglückender ist als die vorbereitende Triebreduktion, erfordert der Respekt für eine gleichberechtigte Partnerin, daß er das trotzdem nicht nur akzeptiert, sondern aktiv und kooperativ unterstützt.
 
Viele Männer müssen da noch grundlegend umdenken.