Freitag, 7. November 2014

32. Ergänzende Gedanken zum rationalen Feminismus

32.   Ergänzende Gedanken zum rationalen Feminismus

Im Eintrag 23 habe ich meine Vorstellung von rationalem Feminismus beschrieben.    Das folgende sind noch einige Ergänzungen dazu.  

 
Die klassische Rollenverteilung ging davon aus, daß der Mann befähigt war, die Frau zu dominieren und zu führen, und das wurde durch seine angebliche Überlegenheit gerechtfertigt.    
Die Annahme war, daß ein Mann grenzenlose Willenskraft und Fähigkeit zur Selbstkontrolle und einen unfehlbaren Charakter hätte, belastbar, zuverlässig, konsequent und zäh wäre, rational, gerecht und überlegt handeln würde und zu seinem Wort stünde.   Einem Mann wurde deshalb viel mehr zugemutet und zugetraut als einer Frau, weil man ihn als dafür geeignet erachtete.
Frauen wurden für schwach, hilflos, launisch, unberechenbar, schonungsbedürftig und lebensuntüchtig gehalten.  


Der Feminismus der letzten Jahrzehnte hat hier einige Veränderungen bewirkt.  Die meisten drastischen und offensichtlichen Benachteiligungen wurden abgeschafft.  Frauen ordnen sich nicht mehr willig oder resigniert der zugeschriebenen entwertenden Rolle unter.   Im Vergleich dazu haben sie sich selbst deutlich aufgewertet.  

Dagegen besteht die Überbewertung der Männer in den Köpfen fort, auch bei den Frauen.    Der Glaube daran, daß Männer jeder Zumutung Stand halten können und deshalb dafür geeignet sind, der besteht leider fort.


Mit deutlichem mentalem Abstand betrachtet, ist es eben nicht nur tragisch, sondern auch grotesk, daß jemand für die Möglichkeit, den Körper eines Mitmenschen als Closchüssel für seine Körperabfälle zu benutzen, Geld bezahlt oder kriminell wird.   Von diesem Blickwinkel aus kann man die Triebhaftigkeit, die so etwas verursacht, nur als eine massive Behinderung auffassen. Daß so viele der Männer davon betroffen sind und daß das häufig sogar als selbstverständlich und unvermeidlich hingenommen wird, ändert nichts daran, daß es eine Behinderung ist.  Dabei sollte eigentlich der Vergleich mit den entspannt-friedlichen, von dieser Behinderung nicht betroffenen Menschen ausreichen, um das deutlich zu zeigen.  

Wir Frauen leben also umgeben von Behinderten.   Die meisten Frauen verhalten sich aber immer noch so, als wären die Behinderten die vermeintlichen Helden, von denen sie sich mühsam emanzipiert haben.  Mit den Erwartungen an Helden sind Behinderte aber überfordert.   Den meisten gelingt es immerhin, nichts zu tun, wofür sie vor Gericht landen.  Aber die allgegewärtige Belästigung von Frauen mit Anmache zeigt deutlich, daß die durch Triebe Behinderten ein ernsthaftes Problem sind.

Die Triebhaftigkeit selbst ist ja nicht neu, nur die Situation hat sich geändert.  Bei der klassischen Rollenverteilung konnten die Behinderten ihre Lebensbedingungen so lange behindertengerecht selbst bestimmen, wie sie den Frauen die Unterdrückung aufzwingen konnten.   Außerdem waren damals die sich auf die Triebhaftigkeit verstärkend auswirkenden wirklichkeitsnachbildenden Medien noch nicht erfunden oder weniger verbreitet und zugänglich.  
Durch die Emanzipation der Frauen und die Überflutung mit wirklichkeitsnachbildenden Medien wurde die Lebenswelt immer ungeeigneter für durch Triebhaftigkeit behinderte Männer. 


Wenn jemand an einem satten Löwen vorbei geht, kann er möglicherweise lebendig seinen Weg fortsetzen.   Wenn jemand aber mit einem Stück Fleisch in der Hand sich dem Löwen nähert und wird angefallen, dann hat er selbst mit dazu beigetragen.  

Eine Frau, die in aufreizender Aufmachung sich in den Wahrnehmungsbereich eines Mannes begibt, mit dem sie eine Beziehung weder hat noch will, verhält sich ähnlich wie derjenige mit dem Fleisch beim Löwen.   Aber die Gesetze und die meisten Menschen gehen selbstverständlich davon aus, daß der Mann ein Held mit grenzenloser Willenskraft und Selbstkontrolle ist, dem man jedwede Aktivierung seiner Triebe selbstverständlich grenzenlos zumuten kann.    In Wirklichkeit ist ein durch Triebe Behinderter von dieser Situation völlig überfordert.   


Es ist nötig, daß der Maßstab, der an Männer angelegt wird, an die Realität angepaßt wird.   Triebgesteuerte Männer sind eben nicht die vermeintlichen Helden der Willenskraft.    Triebgesteuerte Männer brauchen Rücksicht seitens der Frauen, damit ihnen Überforderung erspart bleibt und sie den Frauen keinen Schaden zufügen.  Triebgesteuerte Männer brauchen Unterstützung, damit sie mit ihrer Behinderung leben können, ohne daß andere darunter leiden müssen.

Daß die triebgesteuerten Männer selbst es nicht wahrhaben wollen, daß das, womit sie sich stolz als männlich identifizieren, eine Behinderung ist, erschwert die Situation zusätzlich.   Sie brauchen also Unterstützung, obwohl sie das selbst nicht akzeptieren und deshalb auch nicht kooperieren.  


Die Annahme vieler Männer, daß ein natürlicher Drang schon deswegen automatisch gut und harmlos ist, weil sie dabei Lust empfinden, ist ein schlimmer Denkfehler.    Essen ist das beste Gegenbeispiel.  

Essen ist ein instinktiver Drang, dem häufig mit Genuß und Lust nachgegeben wird.   Aber viele von denen, die das tun, schaden sich damit selbst, weil sie übergewichtig werden.   Dieser Drang hat mit dem angefutterten zeitweiligen Körperfett das Überleben während Zeiten des Nahrungsmangels ermöglicht.  Wenn es immer ausreichend Nahrung gibt, ist trotz Genuß Selbstkontrolle erforderlich, um Schaden zu verhindern.    Die Notwendigkeit der Selbstkontrolle wird meistens vor allem von denjenigen anerkannt, die selbst von den schädlichen Folgen betroffen sind.

Für den männlichen Sexualtrieb gilt die obige Situation analog.   Dieser Trieb hat die Arterhaltung ermöglicht, als nur wenige der Nachkommen das Erwachsenenalter erreichten.  Inzwischen ist die Überbevölkerung das Ergebnis.   Nur schaden durch das Ausleben der Triebe die Männer mehr den Frauen als sich selbst, und deshalb sehen sie im Gegensatz zu den Übergewichtigen nicht ein, daß hier Selbstkontrolle nötig ist.


Die Rücksichtslosigkeit und Unbekümmertheit, mit der selbstsüchtige und dumme Frauen die Triebe der Männer auslösen, nur weil das Begehrtwerden ihrem Tierego wohltut, obwohl sie mit ihnen keine Beziehung haben oder wollen, und von denen sie trotzdem Selbstkontrolle verlangen, zeigt deutlich, daß die wirkliche Emanzipation im Denken bei vielen Frauen noch lange nicht stattgefunden hat.  

Frauen müssen sich endlich genau so viel Verantwortung zumuten und zutrauen, indem sie die Männer von ihrem Podest der Überschätzung herunterholen.   Für einen fairen Umgang miteinander müssen Frauen auch für sich selbst das gleiche Maß an Belastung und Zumutung akzeptieren, wie sie es den Männern abverlangen.   Wenn Frauen Gleichberechtigung wollen, dürfen sie nichts von den Männern fordern, von dem sie sich selbst überfordert fühlen. 

Lediglich die von außen auferlegte Regeln und Pflichten abzulehnen und zu verweigern ist zu einseitig.   Es ist zwar der erste Schritt der Emanzipation, aber es reicht nicht.   Der nächste Schritt muß sein, sich auf der Basis von Fairness und Gleichberechtigung zu überlegen, wie eine Frau mit einem Mann so umgehen kann, daß trotz seiner triebbedingten Behinderung beide miteinander auskommen können, ohne daß einer leiden muß oder einseitig belastet wird.  
Wenn beide sich darüber geeinigt haben, dann entstehen dadurch auch für eine Frau Verpflichtungen, und zwar nicht nur gegenüber dem Partner, sondern auch gegenüber sich selbst.   Die Verpflichtung gegenüber dem Partner bedeutet, sich zuverlässig an Vereinbarungen zu halten..   Die Verpflichtung gegenüber sich selbst ist das zur Aufrechterhaltung der eigenen Selbstachtung erforderliche Maß an Fairness, Zuverlässigkeit, Rücksicht, Verantwortung.  Dazu gehört, sich selbst nicht weniger aufzuerlegen als das, was vom Partner erwartet wird.