Donnerstag, 23. April 2015

64. Wie rationale Menschen Scammer erkennen können

64.  Wie rationale Menschen Scammer erkennen können
 
Daß Beziehungsscammer sich das Vertrauen ihrer Opfer erschleichen, um sie dann in einer vermeintlichen Notlage um Geld zu bitten, ist wohl inzwischen weithin bekannt.  

Die folgenden Betrachtungen beschränken sich auf die weibliche Sicht.  Da bei männlichen Scamopfern gezielt solche Bilder eingesetzt werden, mit denen ein starkes Kopulationsbedürfnis den Verstand blockieren soll, wirken dabei völlig andere Mechanismen.  

Das Wort Opfer schließt dabei auch solche Zielpersonen ein, die vergeblich und erfolglos dazu gemacht werden sollen, aber das rechtzeitig zu verhindern wissen.   Selbst dann, wenn die vielen Kontaktinitiativen von Scammern nur ein lästiges Hindernis bei der ernsthaften Partnersuche sind, ist die damit verlorene Zeit ein Ärgernis.   Zwar konnte ich bisher erfolgreich längere Kontakte mit Scammern vermeiden.   Leider kann ich aber nicht wissen, wie oft ich jemand fälschlicherweise für einen Scammer gehalten und deshalb den Kontakt verweigert oder abgebrochen habe.  Sollte ich dabei meinen Wunschpartner als vermeintlichen Scammer abgelehnt haben, dann wäre ich indirekt auch eine Opfer.    

Es ist sehr wichtig, möglichst früh zu merken, daß ein angeblich interessierter Kontakt in Wirklichkeit ein Scammer ist.   Wer erst bei den Geldforderungen die Wahrheit erkennt, hat nicht nur viel Zeit mit diesem Gesindel vertan, sondern leidet mitunter schwer an der grausam enttäuschten Hoffnung.  

1.  Zielgruppe

Ich selbst gehöre zur bevorzugten Zielgruppe dieser Scammer.    Zum einen vermuten die Scammer, daß bei alten und einsamen Menschen mit in Partnersuchprofilen zum Ausdruck gebrachtem starkem Bindungsbedürfnis der kritische Verstand besonders leicht überlistet werden kann.   Außerdem können sie bei alleinstehenden Menschen ohne Kinder am ehesten davon ausgehen, daß diese unbeeinflußt allein über ihr Geld verfügen können, ohne daß andere davon erfahren und sogar eingreifen.    

Da ich oberflächlich zur bevorzugten Zielgruppe der Scammer gehöre, obwohl ich aufgrund meiner ausgeprägten kognitiven Bedürfnisse kein geeignetes Opfer bin, wurde und werde ich oft von Scammern kontaktiert.    Inzwischen kenne ich deshalb die Indizien, die es möglich machen, Scammer möglichst frühzeitig zu erkennen.
       
2.  Allgemeines

Scammer sind häufig Jugendliche und junge Erwachsene, die schon altersmäßig keine universitäre Bildung haben und die zusätzlich oft in anderer Hinsicht Versager sind.  Vor allem über diese Art von Scammern von der Elfenbeinküste gibt es auf Französisch ausführliche Dokumentationen.

Diese Scammer sind bezüglich Reife, Bildung und Kenntnis über das Leben in der Kultur der kontaktierten Opfer diesen deutlich unterlegen.    Ausreichendes Wissen dafür, um auch auf rationale und kritische Menschen überzeugend zu wirken, fehlt ihnen.   Sie erfinden Pseudopersonen ohne Wissen darüber, wie solche Personen leben und denken.   Das Leben in Europa kennen sie höchstens im Zerrbild dessen, was im TV gezeigt wird.

Das heißt, Scammer, die nur von sich selbst und ihrem beschränkten eigenen Niveau auf andere schließen, unterschätzen und verkennen ihre Opfer.   Diese Scammer sind weder fähig, mit deren Reaktionen in angemessener Weise umzugehen noch wissen sie, wann sie welche Reaktionen besser ernst nehmen sollten.   

Daher versuchen sie es wahllos bei allen Frauen, selbst bei denjenigen, die über solche lächerlichen Halbwüchsigen nur lachen.  

3.  Mangel an präzisen Informationen

Wenn eine ernsthaft partnersuchende Person ein Profil ausfüllt, dann stehen darin ausreichend Informationen, um einen Gedankenaustausch über gemeinsame Interessen und spezifische Hobbies zu ermöglichen.   Ein solches Profil ist in sich stimmig und zeigt Individualität und Persönlichkeit.    
Für einen Scammer ist aber jede konkrete Angabe in einem Profil eine mögliche Stolperfalle, denn er könnte darauf angesprochen werden und sich durch seine Ahnungslosigkeit zumindestens als Lügner entpuppen.  

Die Profile von Scammern enthalten deshalb meistens fast gar keine Informationen.   Das erleichtert es den Scammern auch, auf Nachfragen flexibel zu reagieren und die Lüge individuell an das Wissen über das jeweilige Opfer anzupassen.   Je mehr konkrete Angaben in einem Profil stehen, desto mehr muß der Scammer aufpassen, um sich nicht versehentlich in Widersprüche zu verwickeln und um nicht aufgrund dieser Angaben als ungeeignet abgelehnt zu werden.

4.  Reaktionen

Wenn Scammer direkt nach Informationen gefragt werden, weichen sie häufig aus oder ignorieren die Frage.   Ihre Mails und Profile sind gefüllt mit Schmeicheleien und Phrasen, die die Träume und Sehnsüchte so ansprechen sollen, daß das Opfer völlig davon abgelenkt wird, nach Informationen zu fragen oder Unstimmigkeiten zu bemerken.    
Da das Verfassen einer ausreichenden Menger solcher Schleimereien und Umgarnungstexte in korrekter Sprache die meisten Scammer überfordert, werden solche Texte und Textstücke irgendwo im Web kopiert und in abgewandelter Form immer wieder verwendet.  
Das läßt sich leicht feststellen, indem man solche fragwürdigen Texte bei Google eingibt.   Dann findet man sie entweder in Dutzenden von völlig unterschiedlichen Profilen oder auf den Seiten, wo vor den schon bekannten Scammern gewarnt wird.

5.  Sprache

Scammer aus Afrika und anderen armen Ländern haben fast nie ausreichende Kenntnisse der Muttersprache ihrer Opfer und ihrer selbst angenommenen Pseudopersönlichkeiten. Die gelegentlichen deutschsprachigen Scamversuche sind grotesk. Texte aus automatischen Übersetzungsprogrammen sind so abwegig, daß jede Frau, die einen Computer anschalten kann, auch merkt, daß der Text nicht von einem echten Wolfgang oder Manfred mit deutschem Wohnort stammen kann.   Warum Scammer sich diese Mühe machen und dabei sogar für die Mitgliedschaft bei teuren Partnersuchportalen bezahlen, kann ich nicht nachvollziehen.

Viele englisch- und französischsprachige Scammer beherrschen hingegen oft den schriftlichen Ausdruck dieser Sprachen ähnlich gut wie ein Muttersprachler mit geringer Schulbildung.   Gering gebildete Opfer und Nichtmuttersprachler können also am Sprachniveau nicht immer den Scammer erkennen. Wer aber auf Französisch beispielsweise mündlich gleich klingende Endungen wie die von parler, parlé und parlez schriftlich nicht korrekt unterscheiden kann, der hat mit Sicherheit kein Abitur, überschätzt aber seine Fähigkeiten.   
Scammer mit solchen Sprachkenntnissen kontaktieren gebildete Frauen, weil sie von sich selbst auf andere schließen und ihre Opfer gewaltig unterschätzen.
  
6.   Routine

Wer mit echtem Beziehungswunsch Kontakte beginnt und pflegt, ist zur persönlichen und inhaltlichen Kommunikation motiviert.  Das läßt sich am sprachlich erkennbaren Maß von individuellem Interesse und der Abwesenheit von Routine erkennen.   

Für die Scammer sind die Kontakte ein Job ohne emotionale Beteiligung.   Sie möchten mit möglichst geringem Aufwand es möglichst schnell bis zur Geldsendung bringen.

Vermutlich muß ein Scammer eher Hunderte als Dutzende von Kontakten initiieren, um es einmal bis zur Geldsendung zu schaffen.  Denn die zumeist selbst intellektuell eher minderbemittelten Scammer sind unfähig, gezielt vorzugehen, sie können meistens vor allem am Anfang gar nicht selbst erkennen, bei wem der Versuch zwecklos ist.  
Das kann sein, wenn das Opfer generell dem Scammer überlegen ist, oder wenn der Scammer Dinge behauptet, über die das Opfer zufällig bessere Kenntnisse hat.     Wenn ein Scammer beispielsweise vorgibt, Italiener zu sein, um seine schlechten Sprachkenntnisse plausibel erscheinen zu lassen, kann er damit nur dann Erfolg haben, wenn er nicht zufällig an ein Opfer gerät, das ihm auf Italienisch antworten kann.  

Jeder Scammer weiß zwar selbst, daß er von den eigenen Behauptungen inhaltlich überfordert ist, aber er kann nicht beurteilen, ob ein Opfer ihm sehr weit überlegen ist oder nur in wenigen Aspekten, so daß es sich trotzdem überlisten läßt.  

Da also sehr viele von einem Scammer kontaktierte Personen früher oder später merken, was Sache ist und den Kontakt beenden, ist vor allem die Anfangsphase der Kontakte für einen Scammer eine sehr lästige Routine. 

Daß es trotzdem so viele bekannte Fälle von um Geld geprellten Menschen gibt, liegt wahrscheinlich daran, daß Tausende von Halbwüchsigen für ihr weniges Geld in afrikanischen Cybercafés wie fleißige Ameisen europäische partnersuchende Frauen in großer Anzahl kontaktieren.   Bei uns würden sie Lotto spielen, dort träumen sie vom erfolgreichen Scam. 

7.   Routine im Dialog-Chat
 
Diese lästige Routine bemerkt man besonders deutlich bei den französischsprachigen Scammern in den Dialog-Chats, vor allem beim Ablauf der Erstkontakte.   Denn bei solchen Dialogeinladungen werden ja selbst ernsthafte Kontaktinitiativen häufig nicht beantwortet.  Dumme Scammer glauben zusätzlich auch oft die blödesten Mythen.   Wenn ein solcher Scammer zum Beispiel glaubt, alte europäische Frauen suchten jüngere Männer, dann wird er wahrscheinlich oft schon wegen seines unpassenden vorgeblichen Alters abgelehnt.   
  • Es wird vieles abgekürzt.   Selbst 'bonsoir' zu schreiben, ist zu viel Aufwand und es wird ein 'bsr' daraus.
  • Es werden möglichst schnell solche Fragen gestellt, deren Antworten erkennen lassen, ob es etwas zu holen gibt.    Wer nicht aufpaßt, verwechselt diese Fragen mit Interesse an der eigenen Person und merkt nicht, daß der Scammer seinerseits keine Informationen über sich selbst gibt.  
  • Es wird möglichst schnell nach einer Möglichkeit für den Sofortkontakt mit einem Messengersystem gefragt. Wer beabsichtigt, irgendwann in einer angeblichen Notsituation um dringliche Hilfe zu bitten, für dessen Zweck sind die Verzögerungen bei nur sporadisch gelesenen Emails nicht geeignet.   Er braucht eine schnelle Antwort, damit die Dringlichkeit überzeugend wirkt.   Mit einem Messenger läßt sich jemand eher zu spontanen, unreflektierten Hilfsversprechen überrumpeln.
  • Manche Scammer verwenden Skripte, nach denen am Beginn des Kontaktes immer die genau gleichen Phrasen in der gleichen Reihenfolge verwendet werden.      
    Gelegentlich werden solche Skripte sogar ohne ausreichende Sprachkenntnisse benutzt oder die Skripte werden abgearbeitet, ohne daß sich der Scammer überhaupt die Mühe macht, die Antworten zu lesen.  Dann paßt das nächste Textstück überhaupt nicht zu dem, worauf geantwortet wird.
       
8.  Arbeitsteilung

Manchmal habe ich sogar den Eindruck, als wären viele Scammer Teams mit Arbeitsteilung.  Da wechselt plötzlich der Schreibstil deutlich und/oder die  individuellen Rechtschreib- und Grammatikfehler ändern sich erkennbar.   Ich vermute, daß in diesem Falle es der Job des Unbedarftesten ist, sich mit einem Skript um die Anbahnung von Erstkontakten zu bemühen.   Sobald jemand so weit angebissen hat, daß das Skript nicht mehr ausreicht, übernimmt den Kontakt dann jemand, der etwas weniger dumm ist.   
Den Wechsel konnte ich öfter dann beobachten, wenn ich kritische und unerwartete Fragen gestellt habe.