Sonntag, 6. Juli 2014

7. Metakommunikation: Der Unterschied zwischen Gedankenaustausch und verbalen Machtkämpfen

7.  Metakommunikation:  Der Unterschied zwischen Gedankenaustausch und verbalen Machtkämpfen

Gedankenaustausch ist eine konstruktive Form intellektueller Kooperation mit dem Ziel, ein Thema zum beiderseitigen Zugewinn an Erkenntnis auszuleuchten.   Voraussetzung ist eine gemeinsame Basis von Grundwerten oder Grundannahmen.    Gedankenaustausch beginnt mit dem redlichen Bemühen, den anderen richtig zu verstehen.    Es werden Fragen gestellt und die Beiträge beinhalten Klärungen, Erläuterungen, Ergänzungen, Hinweise auf weitere Informationsquellen.  Es bringt für alle Beteiligten nur Nutzen.

Verbale Machtkämpfe sind eine weitere Variante der vielen Formen, in denen sich der Hierarchieinstinkt zeigt.   Viele Tiere kämpfen um die Alpha-Position, Steinzeitmenschen haben mit Keulen gekämpft, Machos boxen, die Oberklasse hat sich früher duelliert, und diejenigen, die einen oberflächlichen Hauch von Bildung haben, die kämpfen heute verbal um den Sieg der Besserwisserei.    Bei den Tieren geht es um die Hierarchie der körperlichen Stärke, bei verbalen Machtkämpfen geht es nur oberflächlich und scheinbar darum, wer tatsächlich aufgrund von mehr Kenntnissen Recht hat.    In Wirklichkeit geht es aber darum, wer die Sprache besser als Waffe gebrauchen kann, um so zu tun, als wäre er intellektuell überlegen.   Es geht also auch hier wieder um die Erlangung einer Machtposition.   Bei verbalen Machtkämpfen ist der andere von Anfang an ein Gegner.  

Bei verbalen Machtkämpfen geht es deshalb gar nicht um die Sache.   Solche Kämpfe werden auch oft bei Themen angefangen, die den Kombattanten eigentlich völlig gleichgültig sind.    Wer einen solchen Machtkampf beginnt, dessen Ziel ist es, sich die Bestätigung seiner Einbildung oder Überzeugung, er habe Recht, vor einem mitlesenden Publikum zu erzwingen, um dadurch als Sieger wahrgenommen zu werden.   Ob er nun tatsächlich Recht hat oder nicht, ist unerheblich.   Ihm geht es um den Sieg.   

Meistens beziehen die Kämpfer ihre vermeintliche Überlegenheit daraus, daß sie selbst gar nicht begriffen haben, worum es wirklich geht.   Wer den verbalen Machtkampf sucht, liest Texte selektiv auf der Suche nach Angriffspunkten.    Dabei geht es nicht um das Bemühen, erst zu verstehen, worum es geht.  Vielleicht haben die Angreifer sogar Recht bei dem, was sie als Inhalt des Textes mißverstanden haben.    Aber das heißt eben noch lange nicht, daß sie auch bei dem Recht hätten, was sie gar nicht begriffen haben.   Wer gezielt nach Textstellen gesucht, die sich für Widerspruch eignen, wird sicherlich etwas finden, wo Nachfragen Klärung bringen würde.    
 
 
Bei Beiträgen in Foren gibt es fast immer sowohl diejenigen, die in etwa zustimmen können, als auch diejenigen, die anderer Meinung sind oder sich sogar provoziert fühlen.    Das impliziert aber überhaupt nicht automatisch eine Einladung des Verfassers zu verbalen Kämpfen.  
Für jemanden wie mich, der mit Texten Gleichgesinnte erreichen will und sich Gedankenaustausch wünscht, aber keinerlei Interesse an verbalen Kämpfen mit Andersdenkenden hat, ist es sehr lästig, wenn jemand einseitig einen verbalen Machtkampf anfängt.  
Mir ist es zuwider, wenn ich mich verteidigen soll gegen die antagonistische Unterstellung, ich hätte Unrecht und gegen die angemaßte Mission, mich korrigieren zu können.   Da es mir selbst ja nicht um eine Position auf einer Hierarchie des Besserwissens geht, will ich gar nicht darum kämpfen, wer Recht oder Unrecht hat.  

Solange zwei aufeinander treffen, die beide kämpfen möchten, ist das deren Sache.   Aber leider verwechseln manche dieser Streithähne jede Darlegung, mit der sie nicht einverstanden sind, automatisch als eine Einladung zum Kampf.   Aber nicht nur das, viele sind auch nicht in der Lage zu erkennen, wer kämpfen will und wer nicht.   Oder, noch schlimmer, sie suchen sich gerade diejenigen aus, denen kämpfen lästig ist, weil sie da den schnellsten Sieg erwarten.   
Wenn jemand einen Text liest, kann er zunächst nicht wissen, ob der Verfasser Gedankenaustausch sucht oder verbal kämpfen möchte.    Sobald ich aber darauf aufmerksam mache, daß es keine gemeinsame Basis für Gedankenaustausch gibt, dann sollte eigentlich deutlich sein, daß da keine Arena für kontroverse Auseinandersetzungen ist.    Weitere Antworten sind deshalb sinnlos.
Leider aber wollen Kämpfer auch dann noch siegen, wenn der andere gar kein Kämpfer ist.   Wer also selbst nicht kämpfen will, wird trotzdem gezwungen, sich gegen falschen Anschein zu verteidigen.   Deshalb werden die verbalen Angriffe so formuliert, daß die einfache Nichtantwort nicht als eine klare Absage an Auseinandersetzungen aufgefaßt werden kann. Stattdessen werden die Unterstellungen so formuliert, daß eine Nichtreaktion als vermeintliche Zustimmung und damit als vermeintliches implizites Eingeständnis der Niederlage erscheint.   

 
Ich habe einen Widerwillen gegen Kämpfe, so wie ich einen Widerwillen gegen Wettbewerb und gegen Hierarchiebildung habe.   Ich mag Kooperation, ich mag keine Machtkämpfe.    Wer nicht mit dem einverstanden ist, was ich schreibe, der kann ganz einfach weiterklicken.     Eine Einladung zu kontroversen Attacken sind meine Texte nicht. 

Mein Ziel ist es, einen gleichgesinnten Partner zu finden bzw von ihm gefunden zu werden.  Dafür schreibe ich Texte in Foren und als Blogeinträge.     Ich habe keine Mission, irgend jemanden von irgend etwas zu überzeugen.    Wenn ich etwas schreibe, ist es das Resultat von längerem, sorgfältigem Nachdenken und viel Informationsverarbeitung.   Sicherlich drücke ich mich gelegentlich mißverständlich aus oder vereinfache Sachverhalte.   Auch kann es sein, daß sich manches mit zusätzlichen Informationen klären läßt.    Klärende Fragen und Denkanstöße sind mir deshalb willkommen.    Wenn aber jemand völlig anderer Meinung ist, dann bedeutet das nicht, daß ich Unrecht habe, sondern nur, daß er auf einer grundlegenden Ebene völlig andere Instinkte, Antriebe und Bedürfnisse hat.    Werte, Ansichten, Einstellungen sind nun einmal nicht willkürlich gewählt, sondern repräsentieren die subjektive Bedürfnisstruktur, um kognitive Dissonanz zu vermeiden.