Montag, 30. Juni 2014

4. Der Unterschied zwischen Tieren und Menschen

4.  Der Unterschied zwischen Tieren und Menschen
 
Es wird des öfteren behauptet, eigentlich gäbe es keinen eindeutigen Unterschied zwischen Tieren und Menschen.    Mir scheint, diese Behauptung kommt von denjenigen, die das als bequeme Ausrede dafür verwenden, daß sie es sich selbst erlauben, sich ohne Berücksichtigung der Konsequenzen wie Tiere zu verhalten.  

Der deutlichste Unterschied ist die menschliche Fähigkeit, soviel Wissen und Erfahrung im Gedächtnis zu speichern, daß nur Menschen zu langfristiger Vorausschau auf die Folgen ihres Verhaltens fähig sind.   Das befähigt sie, sich so weit über die schädlichen Auswirkungen instinktiven Verhaltens im Klaren zu sein, daß sie sich bewußt gegen dieses Verhalten entscheiden können.  

Tiere in der freien Natur leben unter der Bedingung, daß Nahrung zu manchen Zeiten reichlich zu finden ist, zu anderen gar nicht.   Der Instinkt, sich Fett anzufressen, ist für Tiere evolutionär ein Überlebensvorteil.    Vor 10.000 Jahren und gelegentlich auch noch später war es das auch für Menschen.  
Heute aber erlaubt der Verstand es den Menschen, dem instinktiven Impuls zu essen nicht immer zu folgen, um dadurch die antizipierten Folgen der Fettleibigkeit zu vermeiden.   Genauer gesagt, der Verstand ermöglicht das Wissen, aber das Kräftefeld aus der Stärke der Instinkthaftigkeit und der Gegenkraft aus Rationalität und Willenskraft bestimmt das Verhalten.   Manche Menschen sind deshalb besser in der Lage, ihr Gewicht im gesunden Bereich zu bewahren, andere sind es nicht.  
Überfütterte Haustiere werden hingegen einfach nur immer fetter.   

Mit der Arterhaltung ist es das gleiche.    Tiere zögern nicht zu kopulieren, wenn die Instinkte sie dazu treiben, denn sie sind nicht in der Lage zu wissen, daß sie einige Zeit später mit der Qual der Geburt und den Lasten der Aufzucht der Jungen drastisch bestraft werden.    Menschen aber sind in der Lage, rechtzeitig zu erkennen, daß die Arterhaltung und Fortpflanzung selbstschädigend ist. 
Die kognitive Fähigkeit einer nicht zu unterschätzenden Anzahl von Menschen, sich bewußt und rechtzeitig gegen die Fortpflanzung zu entscheiden, ist ein eindeutiges Alleinstellungsmerkmal von Menschen.   

Der kritische Abstand von den Instinkten und die daraus resultierende Entscheidungsfreiheit begründet also die Einzigartigkeit des Menschen.   

Die Befähigung zur Vermeidung der Selbstschädigung bringt aber auch die Befähigung mit sich, zu wissen, wann das eigene Verhalten bei anderen zu Schaden und zu Leiden führt.  

Wenn eine Katze einen Vogel fängt und schwer verletzt irgendwo ablegt, fehlt der Katze die Fähigkeit zu erkennen, daß der Vogel leidet.   Genau so ist es auch, wenn Tiere im Kampf um die Alpha-Position sich gegenseitig schwer verletzen.
Tiere können nicht wissen, wenn der Nebeneffekt ihres instinkthaften Verhaltens großes Leiden ist.    
Menschen können das wissen, und deshalb kann es moralisch nicht gerechtfertigt werden, daß viele Menschen die Qualitäten ihres Verstandes lediglich als Werkzeug für die bessere Durchsetzung ihrer Instinkte benutzen und begreifen.    Dadurch wird das Leiden anderer vergrößert statt vermieden.    Wenn Menschen bewußt ihren Instinkten folgen, sind sie wissentlich grausam.      

Das bedeutet, daß die kognitive Fähigkeit, die Konsequenzen des eigenen Verhaltens erkennen zu können, auch die moralische Verpflichtung mit sich bringt, Schädigungen und Leiden bei anderen genau so zu vermeiden wie bei sich selbst.  

 
Leider aber leben sehr viele Menschen nach zweierlei Maß.   Wenn sie mit ihrem Verstand sich Vorteile verschaffen können, benutze sie ihn.   Wenn es um andere geht, folgen sie willig und rücksichtslos ihren Trieben.   

Derselbe Jäger, der tagsüber sich berechtigt fühlt, als Mensch Tiere zu seinem Zeitvertreib zu erschießen, beruft sich trotzem auf sein Recht, seiner tierischen Natur zu folgen, wenn er anschließend im Puff selbst wie ein Straßenköter kopuliert und die Frau nicht als entwürdigten und mißbrauchten Menschen wahrnimmt, sondern als Objekt.   Wenn er dem Ingroup-Outgroup-Instinkt folgend auf Menschen anderer Länder oder Ethnien schießt, auch dann hat er einen tierischen Instinkt in sich zugelassen, den sein Verstand eigentlich als absurd, als tierisch aber eben nicht als menschlich erkennen könnte.  

Wer sich selbst als Mensch den Tieren überlegen fühlt, der sollte auch so konsequent sein, daß er den tierischen Impulsen in sich nicht nachgibt.  Tierisches Verhalten als vermeintlich menschliche Natur zu entschuldigen ist nicht nur völlig absurd, sondern es hat tragische Folgen, meistens für alle Beteiligten.