Montag, 5. Januar 2015

51. Die globalisierte Sklaverei und der Ingroup-Outgroup-Instinkt

51.   Die globalisierte Sklaverei und der Ingroup-Outgroup-Instinkt

Der Begriff der Globalisierung der Wirtschaft ist nichts anderes als eine Beschönigung dafür, daß der vergleichsweise bequeme und hohe Lebensstandard in einem privilegierten Teil der Erde in der aktuellen Form nur durch Ausbeutung und Sklaverei anderswo möglich ist.   

Die Kindersklaven auf den Kakaoplantagen der Elfenbeinküste sind ein Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=htxXZ6HG7q4
https://www.youtube.com/watch?v=16sp5z0uuQA
 
Reportage über Textilfabriken in Bangladesh
https://www.youtube.com/watch?v=-RcCmI2YOaE
 
Reportage über moderne Sklaverei
https://www.youtube.com/watch?v=qML83noy5PQ
 
Das sind einige wenige Beispiele für die Bedingungen, unter denen Importgüter produziert werden.   Auch beispielsweise Palmöl, Ananas, Bananen, Kaffee, Tee, Nüsse, Reis sowie Edelmetalle, Mineralien und Diamanten für technische Geräte, alles das wird achtlos und ohne Nachdenken konsumiert. 

Historisch waren die ausgebeuteten und verelendeten Menschen direkt und erlebbar unter der Kontrolle von ihren Peinigern und Ausbeutern, die selbst genau wußten, was sie anderen Menschen antaten.   Dabei ist es nicht wichtig, ob es sich um direkte Sklaverei, Zwangsarbeit, Zinsknechtschaft oder Leibeigenschaft handelt.    
Die aktuelle wirtschaftliche Globalisierung hat die individuelle Ausbeutung innerhalb von nationalen Klassengesellschaften ersetzt durch die Verlagerung der Ausbeutung in ein globales Klassensystem aller Staaten.    Heute ist es möglich, indirekt und mit Abstand von der Sklavenarbeit anderer gut und ohne schlechtes Gewissen zu leben. Die in reichen Ländern lebenden privilegierten Menschen erfreuen sich in echter oder absichtlicher Unwissenheit ihres guten Lebens.  Das Erzwingen der Ausbeutung unbekannter, unsichtbarer Menschen haben sie an andere delegiert.
  

Die Ohnmacht des Einzelnen
 
Die schlimme Wahrheit ist, daß ich schon durch meine Existenz als Staatsbürgerin eines reichen Landes ohne eigenes Zutun zum Fortbestand des Elends beitrage und sogar als Konsumentin unfreiwillig auch noch als Rechtfertigung herhalten muß.  
Dieses Wissen macht mich betroffen und hilflos.   Machen kann ich als Einzelperson wenig.    In den für mich erreichbaren Läden gibt es fast keine Fairtrade-Produkte.   Würde ich selbst keine ausbeuterisch produzierten Waren mehr kaufen, würde ich zwar verhungern, aber ändern würde sich nichts.  
 
Die wirtschaftliche Macht liegt bei den Managern und Unterhändlern, die aus eigener Profitgier, aber angeblich zum Wohle der Kunden die ausbeuterischen Verträge diktieren und erzwingen.  Beispielsweise verlangen sie von den Betreibern der Sweatshops in Bangladesh, daß die Kleidung für einen grausam niedrigen Preis genäht werden soll.   Würde ein Betreiber bessere Konditionen verlangen, bekäme er den Auftrag nicht, denn es findet sich immer ein anderer, der sich den Bedingungen unterwirft.  Der Betreiber ist seinerseits gegenüber den Näherinnen der wirtschaftlich Stärkere. Den Näherinnen bleibt nur die Wahl zwischen erbärmlichem Leiden und dem schnelleren Hungertod.

Leider haben die Näherinnen in Bangladesh, die Arbeiter auf den Plantagen der Elfenbeinküste und alle anderen Ausbeutungsopfer bei uns keine Lobby.    Wer T-Shirts kauft oder Schokolade ißt, nimmt nur ein Produkt wahr, nicht die produzierenden, verelendeten Menschen, die dieses Produkt hergestellt haben.

Wer gelegentlich mal ein bißchen ein schlechtes Gewissen hat, der spendet Geld für Kinderdörfer und Vorzeigprojekte, vor allem, wenn außergewöhnliches Elend nach Katastrophen die Medien füllt.  Das alltägliche Elend der ausgebeuteten Arbeiter wird nicht wahrgenommen.   Wenn Politiker ein schlechtes Gewissen haben, dann beschließen sie, ein bißchen vom Staatshaushalt für Entwicklungshilfe abzuzweigen.   

Wenn man sich aber mal überlegt, wieviel Geld in der Summe zusammenkäme, würde man die Differenz zwischen dem gezahlten Ausbeuterlohn und einem angemessenen Mindestlohn berechnen, dann kämen gigantische Summen zusammen.  Diese Beträge sind geraubtes Geld, das die reichen Ländern den in kapitalistischen Beutezügen ausgeplünderten Nationen für die Vergangenheit schulden.    Verglichen damit sind alle gespendeten Almosen ein Hohn und nicht mehr.      


Einerseits fördern die aktive Gier der wirtschaftlich Mächtigen und die passive Gleichgültigkeit der davon Profitierenden zusammen die Ausbeutung.    Die einzige Gegenströmung, die dieses System gelegentlich stört, ist die steigende Anzahl von Armutsflüchtlingen und die wachsende Bedrohung durch Gewalt und Terror.    Leider aber sind nur wenige willens und fähig, den Zusammenhang zu erkennen.


Der Ingroup-Outgroup-Instinkt als Erklärung
 
Änderungen würden ein Umdenken erfordern, das aber nicht möglich ist, ohne als erstes allgemein die fatalen Auswirkungen des Ingroup-Outgroup-Instinktes anzuerkennen.    Selbst bei Wikipedia werden zwar diese Gruppen beschrieben, die oft fatalen Auswirkungen auf das Verhalten werden nicht erwähnt.
Die Eigengruppe oder auch (engl.) Ingroup ist eine soziale Gruppe, zu der sich der Einzelne zugehörig fühlt und mit der er sich identifiziert.
Die Unterscheidung in Eigen- und Fremdgruppe kann aufgrund biologischer (Geschlecht, Alter, Ethnie, Sexualität) oder historischer (Staatsangehörigkeit, Kultur, Religion) Merkmale erfolgen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Eigengruppe
Eine Fremdgruppe (oder auch engl. outgroup) stellt eine Soziale Gruppe dar, mit der ein ihr zugehöriges Individuum (Akteur) keine von einem „Wir-Gefühl“ geprägten sozialen Beziehungen verbindet
http://de.wikipedia.org/wiki/Fremdgruppe

Nur bei Tieren wird das ganze Ausmaß aggressiven und destruktiven Verhaltens gegenüber Outgroup-Mitgliedern zur Kenntnis genommen.  Über Beobachtungen, daß Rudeltiere ihr Territorium aggressiv verteidigen und Nichtmitglieder des Rudels töten und gelegentlich auch fressen, wird berichtet.   Auch darüber, daß Schimpansen Nichtgruppenmitglieder töten. 

Wenn aber Menschen Nichtmitglieder der eigenen Gruppe ausbeuten, versklaven, quälen, ausrotten und gelegentlich essen, wird das sehr selten als durch den Ingroup-Outgroup-Instinkt ermöglichtes und/oder determiniertes Verhalten wahrgenommen.   Trotzdem behandeln viele Menschen alles außerhalt ihrer Ingroup lediglich als Quelle für das Leben erleichternde oder sogar das Überleben ermöglichende Ressourcen, das für das hemmungslose Aneignen durch den Stärkeren zur Verfügung steht.   Nur geben sie diese Denkart selten direkt zu, nicht einmal gegenüber sich selbst.
 
Sehr selten wird dieser Zusammenhang bei Menschen deutlich aufgezeigt, wie in dieser Studie: 
http://www.eurekalert.org/pub_releases/2014-12/hu-tbs122914.php
Diejenigen Mitglieder einer ostafrikanischen Hirtenstammes, die an Raubzüge gegen andere Stämme beteiligt waren, hatten über ihre gesamte Lebenszeit betrachtet mehr Nachkommen.    Das heißt, der Fortpflanzungsinstinkt und der Ingroup-Outgroup-Instinkt unterstützen sich gegenseitig und das hat Auswirkungen auf den Genpool. 


Umdenken ist erforderlich
 
Ein radikales Umdenken ist erforderlich, damit die weltweite Chancengleichheit prinzipiell akzeptiert wird.   Jedem Menschen überall auf der Welt muß endlich das gleiche moralische Recht auf einen Mindestlebensstandard, auf eine seinen Fähigkeiten entsprechende Ausbildung und auf eine angemessene Bezahlung zugebilligt werden.    Umdenken ist der erste Schritt, um den Weg dafür zu bereiten, daß gesetzliche und vertragliche Regelungen folgen.  
Solange in reichen Ländern ein nur regional gültiger Mindestlohn festgelegt wird, der so gestaltet ist, daß alle Grundbedürfnisse damit bezahlbar sind, solange ist es empörend, daß die dort gleichzeitig verkauften billigen Produkte anderswo von Menschen hergestellt werden, deren Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden.   Gerechtigkeit, Fairness, Chancengleichheit, aber auch Empathie und Betroffenheit dürfen nicht an den Nationalgrenzen enden.   
Nötig ist eine weltweite Mindestlohnregelung, die überall und für alle Menschen die Grundbedürfnisse sichert.  


Eine Veränderungsidee
 
Ich weiß nicht, wie sich das politisch durchsetzen läßt.    Am ehesten wahrscheinlich im Rahmen der Zollregelungen der EG.  Nach der Festlegung regional angepaßter Mindestlöhne läßt sich auf deren Basis für die Importgüter ein angemessener und fairer Preis berechnen.  Davon abhängig könnte die EG einen Einfuhrzoll festlegen. Falls an die Produzenten für die zu importierende Waren weniger als der angemessene Preis bezahlt wurde, ist als Ausgleich Zoll in Höhe des Unterschiedes zu bezahlen. Die Zweckbestimmung dieses Betrag könnte eine Verbesserung der Lebensqualität in dem entsprechenden Land sein.  Da sich aber in diesem Fall durch Preisdruck kein Extraprofil mehr erzielen ließe, würde die Ausbeutung verhindert, statt daß jemals dieser Zoll bezahlt würde. 

Wenn sich dadurch die Verelendung stoppen oder vermindern ließe, gäbe es als Nebeneffekt weniger Armutsflüchtlinge.   Denn wer zu Hause überleben kann, nimmt nicht die Risiken einer Flucht auf sich.